Vorschlag, Appogiatura (1879)
Vorschlag, ital. Appogiatura, eine Verzierungsmanier, welche vielfach zu verschiedenen Zwecken angewendet wird, aber eigentlich nur zur Verzierung der Melodie dient. Der Vorschlag ist eigentlich aus dem Vorhalt entstanden und bestand immer aus der ganzen oder halben Stufe über oder unter der Hauptnote, welcher er vorgesetzt wurde. Jetzt benutzt man auch häufig andere Intervalle zu Vorschlägen.
Man setzt den Vorschlag etwas kleiner als die gewöhnliche Notenschrift geschrieben, vor die Note, welche in diesem Falle die Hauptnote genannt wird und teilt ihn ein
- in den langen Vorschlag oder Vorhalt, der die Hälfte der Hauptnote gilt, von welcher er abgezogen wird;
- der kurze Vorhalt wird noch schief durchstrichen und muss möglichst geschwind (wobei aber immer auf die Schnelligkeit oder Langsamkeit des auszuführenden Tonstücks Rücksicht zu nehmen ist) und ohne Akzent ausgeführt werden. Der kürzeste Vorhalt heißt Acciacatur.
Steht ein langer Vorhalt vor einer dreiteiligen Note, so gilt er 2/3 derselben und der Hauptnote werden diese 2/3 abgezogen. Bei langen Vorhalten müssen diese selbst, bei kurzen Vorhalten aber die darauf folgende Hauptnote den Akzent bekommen. Es kann auch der Fall eintreten, dass 2 und mehr Noten (Doppel-Vorschlag) als Vorhalt vor eine Note gesetzt werden. Vorschlag und Hauptnote müssen immer aneinandergezogen vorgetragen werden.
Beim Klavierspiel diesen Vorschlag nach Eintritt des Haupttons noch fortklingen zu lassen ist falsch.
Der lange Vorschlag gilt vor der zweiteiligen Note die Hälfte, vor der dreiteiligen zwei Drittel derselben.
Woraus man sieht, dass dieser Vorschlag nicht eigentlich eine Verzierung oder melism. [melismatische] Figur ist. Daher nennt man ihn richtiger Vorhalt und schreibt ihn jetzt ganz aus oder [bzw.] so, wie er vorgetragen werden soll. [Riewe Handwörterbuch 1879, 285]