Psalm (1882)
Psalm (ital.: Salmo, franz.: Psaume, von griechisch ψαλλειν = (eine Saite) zupfen), Name der Lobgesänge Davids, die er mit Begleitung eines harfenartigen Instruments sang. Der Psalmengesang wurde von dem jüdischen in den christlichen Kultus herübergenommen, zuerst in der Form des unisonen Wechselgesangs (siehe Antiphonie). So übernahm ihn St. Ambrosius von den griechischen Kirchen, und auf italienischem Boden entstand das Responsorium. Im heutigen [gegen Ende des 19. Jahrhunderts] katholischen Kirchengesang unterscheidet man Antiphonen, Gradualien, Tractus, Halleluja, Kommunionen, Motetten und Vespern, welche sämtlich auf Psalmentexte komponiert sind.
Die ursprüngliche Gesangsweise der Psalmen in der christlichen Kirche ist die einstimmige Gregorianische ohne Instrumente. Diese war aber von Haus aus nicht das, was wir heute unter Psalmodie verstehen (ein rhythmusloser Gesang in gleichlangen Tönen), sondern vielmehr je nach dem Zweck und Inhalt ein freudiges Jauchzen (mit koloraturartigen, schnellen Gesängen) oder eine ernste Klage. Als die mehrstimmige Musik aufkam (siehe Organum), bemächtigte sie sich sogleich des Kirchengesangs. Schon aus dem 12. Jahrhundert sind uns drei- und vierstimmige Bearbeitungen von Gradualien etc. erhalten (siehe Perotinus). Die Blütezeit des Kontrapunkts entwickelte den Psalmengesang von Stimmen ohne Begleitung zu hoher Vollkommenheit, und die Nachblüte der römischen Schule (siehe dort) steigerte die Stimmenzahl bis zu 16, 24 und noch mehr. Daneben kam aber seit 1600 der begleitete Gesang einer oder mehrerer Stimmen wieder zur Geltung, und so entwickelten sich allmählich die großartigen Psalmenkompositionen unserer Zeit für Soli, Chöre und Orchester. [Riemann Musik-Lexikon 1882, 726f]