Polonaise (französisch), Polacca (italienisch), ein polnischer Nationaltanz von feierlichem gravitätischem Charakter und einer Bewegung, die ungefähr zwischen Andante und Allegro die Mitte hält. Die Musik dazu bewegt sich stets im 3/4-Takt, besteht aus zwei Reprisen, die beide in der Haupttonart schließen, und beginnt immer mit dem Niederschlag. Wegen der unbestimmten Figur des Tanzes ist die Melodie an eine feste Taktart nicht gebunden. Die beiden Teile, woraus sie besteht, können daher eine willkürliche Anzahl von Takten enthalten, wenn der Rhythmus nur geradzahlig bleibt und nach jedem zweiten Takte ein Einschnitt stattfindet. Eine Eigentümlichkeit aber, wodurch die Polonaise sich von allen übrigen Tonstücken unterscheidet, besteht darin, dass alle Zäsuren ihrer Sätze und Teile ohne Ausnahme auf den schlechten Taktteil fallen, woran sich aber die deutsche Polonaise nicht immer bindet. Den Ganzschluss bilden die Polen stets so, dass dem eigentlichen Schlussakkord vier Sechzehnteile [Sechzehntel] vorausgehen, von denen das erste das Semitonium modi ist, welches von dem Schlusston vorgehalten wird. Ist der Polonaise, wie es häufig geschieht, ein Trio angehängt, so steht dasselbe meist in der Tonart der Dominante der Grundtonart, oder in einer verwandten Molltonart, worauf dann die beiden ersten Teile wiederholt werden.
Bis in die zweite Hälfte des 18. Jahrhunderts war die Polonaise sowohl als Tanz wie als selbstständiges Musikstück in Deutschland sehr beliebt, dann geriet sie in Vergessenheit, kam aber mit dem Anfang dieses Jahrhunderts [des 19. Jahrhunderts] wieder in Aufnahme und dient jetzt allgemein als Einleitungstanz großer gesellschaftlicher Tanzvergnügen. Die Bezeichnung alla polacca kommt häufig bei Tonstücken vor, die, ohne eigentliche Polonaisen zu sein, doch den polnischen Geschmack nachahmen sollen. So wird zum Beispiel die Polonaisenbewegung bei Instrumentalstücken von brillantem Charakter in der variierten Polonaise und Konzert-Polonaise, ja sogar bei Gesangstücken und in Opern häufig angewendet. [Riewe Handwörterbuch 1879, 207f]