Periode (1802)
Periode. Ein Kunstwort, welches aus der Redekunst entlehnt ist und die Vereinigung verschiedener Sätze, das ist verschiedener solcher einzelnen melodischen Teile bezeichnet, die an sich einen vollständigen Sinn bezeichnen, durch ihre Vereinigung aber eine Idee, oder vielmehr den Ausdruck einer Empfindung, in einem gewissen Grade von Vollständigkeit darstellen.
So wie sich in der Rede die Periode mit einem vollkommenen Ruhepunkt des Geistes endigt, den man in der Sprachschrift mit einem Punkt bezeichnet, eben so muss sich in der Musik die Periode mit dem vollkommensten Ruhepunkt des Geistes schließen, den man eine Kadenz nennt. Über dieses Kennzeichen der Periode scheint man jedoch in der Musik nicht völlig einerlei Meinung zu sein, denn viele nennen oft einen solchen Teil eines ganzen Tonstücks eine Periode, der an sich nur einen vollständigen Sinn bezeichnet und den man in der Sprache einen Satz nennt.
Der Mangel dieser Übereinstimmung mag wohl daher entstehen, weil man sich teils auch in einer ausgeführten Rede sehr oft nur eines einzigen Satzes zu einer Periode bedient, welches in der Musik nur zuweilen bei ganz kurzen Tonstücken, zum Beispiel den Liedern oder Tänzen, geschieht; teils auch daher, dass in einer ausgeführten Rede viele Perioden nacheinander verbunden sind, in der Musik aber bei einem ausgeführten Tonstück nach dem Verhältnis einer Rede nur wenige Kadenzen gemacht zu werden pflegen.
In diesem Werke ist das Wort Periode jederzeit so gebraucht, dass es einen Teil eines Tonstücks bezeichnet, der sich mit einer Kadenz endigt. [Koch Musikalisches Lexikon 1802, 1149f]