Oratorium (1879)

Oratorium (lat.), eine aus der Vereinigung der Vokal- und Instrumentalmusik entstandene Kunstform, welche, da sie im Gegensatz zur Oper die szenischen Hilfsmittel ausschließt, zunächst als eine erweiterte Kantate (siehe dort) aufzufassen ist. Es ist ein eigentümliches einfaches geistliches Musikstück und wurde anfänglich, 1595, in Kostüm und Aktion gegeben. Seinem geistigem Inhalte nach liegt der Kern des Oratoriums nicht im Dramatischen, sondern in der Ideengestaltung, während die Textanlage gewöhnlich der Bibel entnommen, sowohl dramatisch als lyrisch, als episch sein kann [sic]. Die Musik tritt mit all ihren Mitteln in unumschränkter Herrschaft auf, ist daher nicht genötigt, wie die Oper, der Bühne zu Liebe, dramatische Szenen weit auszuspinnen, sondern kann sich kürzer fassen und kann andererseits den Chor in seiner ganzen Macht und in allen seinen Formen zur Geltung bringen, welches der größte Vorzug des Oratoriums vor der Oper ist.

Das Oratorium wird von Singstimmen mit Begleitung von Instrumentalmusik zur religiösen Erbauung gewöhnlich in Kirchen aufgeführt. In früherer Zeit pflegte man das Oratorium im Betsaal (Oratorium) des Klosters aufzuführen, daher der Name. Das älteste Oratorium ist: "L'anima e corpo" von Emilio del Cavaliere und wurde um 1600 zu Rom aufgeführt. [Riewe Handwörterbuch 1879, 184]