Marsch (1882)
Marsch (italienisch: Marcia, französisch: Marche), eine Musik, deren Zweck ist, die Bewegung einer größeren Menschenmenge zu regeln, in diesem Sinn dem Tanz verwandt, wenn man will, selbst eine Art Tanz (man denke an unsere Polonäse [sic] oder die alte Intrade (Entrée) etc.).
Der Marsch ist ohne Zweifel sehr alt. Festliche Aufzüge wurden schon im Altertum mit Musik begleitet, und wir haben keinen Grund anzunehmen, dass diese Musik nicht marschartig gewesen wäre; eine höhere künstlerische Gestaltung erhielt der Marsch in der griechischen Tragödie, wo der Chor in gemessener Bewegung auftrat und ebenso abtrat, freilich nicht mit Instrumentalbegleitung, sondern singend. Den Militärmarsch führt man vielfach auf den Dreißigjährigen Krieg zurück, schwerlich mit Recht. Die Trommeln, Pauken, Trompeten und Schweizerpfeifen waren schon zu Anfang des 16. Jahrhunderts in Gebrauch, wenn ein Fürst in eine Stadt einritt oder in das Feld zog (Virdung). Speziell die Heerpauken sind ja geschaffen, den Takt zu markieren. Ohne Zweifel wird der Marsch als wirkliches Musikstück hervorgegangen sein aus Soldatenliedern, die durch die Instrumente verstärkt wurden.
Die Form des Marsches, wie wir ihn als Kunstmusik zuerst in Opern (Lully) und dann als Klavierstück (Couperin) finden, ist die der älteren Tanzformen (zwei 8- bis 16-taktige Reprisen). Der heutige Marsch ist in der Regel weiter ausgeführt und hat ein mehr melodiös gehaltenes Trio. Die Militärmärsche sind entweder Parademärsche (Pas ordinaires) oder Geschwindmärsche (Pas redoublés) oder endlich Sturmmärsche (Pas de charge). Aus der Zahl der für besondere Zwecke und Gelegenheiten bestimmten Märsche (Festmärsche, Huldigungsmärsche, kirchliche Märsche, letztere fast nur auf der Bühne bei Aufzügen etc.) hebt sich als besonders charakteristisch der Trauermarsch (Marcia funebre, Marche funèbre) heraus. [Riemann Musik-Lexikon 1882, 554]