Kombinationston (1882)
Kombinationston heißt ein Ton, welcher durch das gleichzeitige Erklingen zweier Töne hervorgerufen wird. Die Entstehungsursache der Kombinationstöne ist wahrscheinlich dieselbe wie die der Schwebungen. Bekanntlich lassen zwei nicht ganz im Einklang gestimmte Saiten leicht wahrnehmbare, in regelmäßigen Abständen wiederkehrende Verstärkungen hören, die man Stöße oder Schwebungen nennt. Jede Schwebung ist anzusehen als das Zusammenfallen eines Verdichtungsmaximums der Schallwellen beider Töne. Steigt die Anzahl der Schwebungen etwa auf 30 in der Sekunde, so sind die einzelnen Stöße nicht mehr auseinander zu halten, und es entsteht die Empfindung eines tiefen Summens, d. h. es erscheint ein sehr tiefer Ton, der Kombinationston. Die Notwendigkeit der Entstehung dieses Tons ist durch die wiederkehrenden Stöße gegeben. Die Kombinationstöne sind von beträchtlicher Stärke und bei einiger Übung ohne Hilfe von Resonatoren zu hören. Tartini, der Entdecker der Kombinationstöne, bestimmte anfänglich (im "Trattato") die Tonhöhe derselben allgemein als dem zweiten Ton der Obertonreihe entsprechend, in welcher das angegebene Intervall mit möglichst kleinen Ordnungszahlen eingestellt ist, korrigiert sich aber selbst später (in der Schrift "Dei principj ..." dahin, dass der Kombinationston immer der Grundton der betreffenden Reihe sei. Diese Definition ist von den meisten Physikern dahin abgeändert worden, dass die Schwingungszahl des Kombinationstons immer der Differenz der Schwingungszahlen entspricht (Differenzton); doch ist nicht zu bestreiten, dass unter allen Umständen der dem Grundton der harmonischen Reihe entsprechende Ton hörbar wird, sofern er nicht außerhalb des Bereichs des Hörbaren liegt, mag er nun als Kombinationston erster oder zweiter Ordnung definiert werden. Bei genauerer Untersuchung stellt sich nämlich heraus, dass die ganze harmonische Reihe, in welche das angegebene Intervall gehört, hörbar wird und zwar nicht nur tiefere, sondern auch höhere Töne. Nach Helmholtz u. a. sind die Kombinationstöne des Intervalls g:e' =
nach Tartinis Prinzip hingegen:
d. h. jedes Intervall erzeugt zunächst den Ton, von welchem beide Intervalltöne nächste Obertöne (hier 3. und 5.) sind, und in zweiter Linie die volle Obertonreihe dieses Tons.
Helmholtz führt noch eine andere Art von Kombinationstönen an, die er Summationstöne nennt, d. h. die der Summierung der Schwingungszahlen der Intervalltöne entsprechen, also für g:e' (3+5=8)=c''. Es ist aber nicht recht zu bemerken, dass dieser Ton stärker aus der Reihe heraustritt; sehr stark ist dagegen der erste koinzidierende Oberton des Intervalls, d. h. (3.5=15) der 15. Oberton h'' (v. Öttingens phonischer Oberton, den der Herausgeber dieses Lexikons an verschiedenen Orten Multiplikationston genannt hat; vgl. seine Mitteilung von Untersuchungen über Kombinationstöne in der Broschüre "Die objektive Existenz der Untertöne in der Schallwelle", 1875). [Riemann Musik-Lexikon 1882, 471f]