Grundskala (1882)

Grundskala nennt man die stufenweise Folge der einem Musiksystem zu Grunde gelegten Töne, der gegenüber eine Anzahl andrer in das System aufgenommener Töne als abgeleitete erscheinen. Die Grundskala unseres europäisch-abendländischen Musiksystems ist auf sieben Töne beschränkt, der achte (die Oktave) ist wieder auf den ersten bezogen, von ihm abgeleitet, mit ihm gleichnamig.

Die sieben Töne führten ursprünglich die Namen der sieben ersten Buchstaben des Alphabets: A · B · C · D · E · F · G; durch eine eigentümliche Komplikation der Verhältnisse ist aber in Deutschland an die Stelle des B das H eingereiht. Über die verschiedenen Arten der Oktaventeilung der Buchstabenskala siehe Buchstabentonschrift, B und Versetzungszeichen.

Unsre heutige Notenschrift ist nur eine Maskierung, nicht aber eine Verdrängung der Buchstabentonschrift. Statt dass nämlich vor jede Linie und jedes Spatium ein Buchstabe geschrieben ist, welcher angibt, wie die auf denselben fallenden Noten heißen, begnügen wir uns mit der Vorzeichnung eines einzigen Schlüsselbuchstabens für jedes Fünfliniensystem (siehe Schlüssel). Die Grundskala ist und war schon im Altertum die Folge von: 2 Ganztönen, 1 Halbton, 3 Ganztönen, 1 Halbton, welche sich in höheren und tieferen Oktaven gleichmäßig wiederholt:

Grundskala (Riemann 1882)

Grundskala oder auch Normaltonleiter

Die Oktavengattungen der Griechen (siehe Griechische Musik) wie die Gregorianischen Kirchentöne sind nichts als Ausschnitte von einer Oktave Umfang aus dieser Grundskala. Von den sieben möglichen Arten (c-c', d-d', e-e', f-f', g-g', a-a', h-h' ohne Vorzeichen) sind für das jetzige Allgemeinbewusstsein nur noch zwei von typischer Bedeutung, nämlich:

Durgrundskala (Riemann 1882)

d. h. die Durtonleiter ohne Vorzeichen (die Durgrundskala), und:

Mollgrundskala (Riemann 1882)

d. h. die Molltonleiter ohne Vorzeichen (Mollgrundskala). Wie unter Molltonleiter nachgewiesen ist, muss jedoch die Molltonleiter, wenn es gilt, sie als Typus aufzustellen, vom Mollhauptton aus notiert werden, in welchem Fall sie als exaktes Gegenbild der Durtonleiter erscheint:

Molltonleiter (Riemann 1882)

Sollen die Verhältnisse der Durgrundskala (2, 1/2, 3, 1/2) von einem andern Ton als von C aus konstruiert (auf eine andere Stufe transponiert) werden, so werden Veränderungen einzelner Töne der Grundskala nötig, z. B. für d'-d'':

D-Dur-Tonleiter (Riemann 1882)

Ohne die Kreuze würde die Reihenfolge sein: 1, 1/2, 3, 1/2, 1. Die verschiedenen Transpositionen der Grundskala sind im Artikel Tonleiter in Noten mitgeteilt. [Riemann Musik-Lexikon 1882, 345f]