Dissonanz (1879)

Dissonanz (von lat. dissonieren, missklingen), das Verhältnis zweier oder mehrerer Töne, deren Zusammenklang ein Gefühl des Unbefriedigtseins und der Unruhe hervorruft; besonders auch der Ton eines Intervalls oder die Töne eines Akkords, welche durch ihre Eigenschaft als sogenannte strebende Töne (d. h. als solche, welche eine bestimmte Fortschreitung eine Stufe auf- oder abwärts verlangen), aber das Unbefriedigende verursachen.

Man unterscheidet gewöhnlich wesentliche Dissonanzen, das sind solche, welche zum Wesen eines Stamm- oder abgeleiteten Akkords gehören, und zufällige, welche nur durch einen zufälligen Umstand in den Zusammenklang aufgenommen werden. Zu den ersten gehören: die verminderte Quinte und deren Umkehrung, die verminderte Quarte, die übermäßige Sexte, die kleine, große und verminderte Septime, die große, kleine und übermäßige Sekunde, die große und kleine None, die Undezime und die Terzdezime. Zufällige Dissonanzen sind: Durchgänge (sowohl diatonische als chromatische), Vorhalte, Antizipationen und Retardationen. Die ältere Musiktheorie stellte als unumgängliche Regel auf, dass jede Dissonanz vorbereitet werden müsse; die neuere Praxis hat sich jedoch von diesem Zwange fast ganz losgesagt und lässt die Dissonanzen nach Belieben ohne alle Vorbereitung eintreten. [Riewe Handwörterbuch 1879, 75f]