Crescendo, crescendo il forte (1802)
Crescendo (abgekürzt: cres.), zunehmend, wachsend; crescendo il forte (abgekürzt: cres. il f.) oder crescendo sin'al forte, zunehmend bis zum Forte.
Dieses ist (sagt Johann Friedrich Reichardt in: "Über die Pflichten des Ripien-Violinisten") "das für unsere Empfindung, was die anziehende Kraft des Mondes fürs Meer ist: eben so sichere Ebbe und Flut wird dadurch in uns hervorgebracht. Die mehresten Orchester kennen und üben nur das forte und piano aus, ohne sich um die feinern Grade, um die ganze Schattirung zu bekümmern. – Schwer ists, ungeheuer schwer, mit einem ganzen Orchester das zu thun, was einem einzelnen Virtuosen schon so viele Mühe macht. Aber möglich ists doch: das hat man in Manheim und in Stuttgard gehört. – Der Ausführer muß sich bemühen, die verschiedenen Grade der Stärke und Schwäche aufs genaueste in seinem Bogenstriche zu bestimmen. Man muß das pianissimo (ganz leise, am leisesten) vom piano (leise), und dieses vom poco piano (etwas leise), das rinforzato (verstärkt) vom poco forte (etwas stark), dieses vom mezzo forte (halb stark), und endlich das forte (stark) vom fortissimo (am stärksten) aufs genaueste im Druck des Bogens zu unterscheiden und zu bestimmen wissen, so daß man jeden dieser Grade einzeln anzugeben im Stande ist."
Hat es der Tonkünstler einmal dahin gebracht, alle diese verschiedenen Grade der Stärke und Schwäche des Tons auszudrücken, so wird es ihm auch alsdann nicht mehr schwer fallen, sie in zu- oder abnehmender Stärke aneinander zu reihen und das Crescendo oder Decrescendo richtig auszudrücken (dass bei Blasinstrumenten mit gehöriger Anwendung ebenso verfahren werden muss, versteht sich von selbst).
Das Crescendo geht nicht immer alle Grade der Schwäche und Stärke des Tones durch. Oft fängt es nur bei dem Piano, zuweilen gar bei dem Poco Forte an und geht bloß bis zum Forte. Dieses geschieht besonders in dem Falle, wenn der Zeitraum zu diesem Prozess nicht lang ist, und in diesem Fall bedient man sich gemeiniglich, statt des dem Noten beizufügenden Kunstwortes, des folgenden Zeichens: <.
Der Ausdruck Crescendo wird zuweilen auch gebraucht, die zunehmende Geschwindigkeit des Zeitmaßes zu bezeichnen. In diesem Falle bedient sich der Tonsetzer der Wörter il tempo crescendo. Die Ausführung solcher Stellen ist ebenfalls vielen Schwierigkeiten unterworfen, weil in allen Stimmen die wachsende Geschwindigkeit der Bewegung völlig gleichzeitig geschehen muss und keine der anderen zuvorkommen darf. Der Tonsetzer, wenn er es durchaus für nötig findet, sich dieses Prozesses zu bedienen, hat vorzüglich dahin zu sehen, dass er dabei in jeder der vorhandenen Stimmen nur eine Art von Notenfigur beibehalte, sonst wird der Prozess verworren oder unausführbar. [Koch Musikalisches Lexikon 1802, 397ff]