Bewegung (1802)

Bewegung. In der Musik ist sie das Mittel, wodurch gleichsam der an sich tote Ton lebendig wird. Der Ausdruck Bewegung bezeichnet in der [klingenden] Kunst zwei besondere Begriffe: erstlich die Bewegung der Töne zu anderen höheren oder tieferen, oder mit anderen Worten, die Bewegung der Töne in Ansehung ihres Steigens oder Fallens, und zweitens die Geschwindigkeit, in welcher die Töne aufeinander folgen. Im letzten Fall ist die Rede von dem Grad der Geschwindigkeit, in welchem ein Tonstück ausgeübt wird, und man bedient sich gemeiniglich zum Ausdruck dieses Begriffs der bestimmteren Wörter Taktbewegung, Tempo oder Zeitmaß. In dem Artikel Zeitmaß soll von dieser Bewegung das Nötigste erinnert werden.

Die Bewegung der Töne in Rücksicht auf Höhe und Tiefe betrachtet man entweder melodisch oder harmonisch. Die melodische Bewegung oder das mannigfaltige Steigen und Fallen der Töne der Melodie wird mit dem besonderen Kunstwort Modulation oder Tonführung bezeichnet. Die harmonische Bewegung aber geschieht entweder

  1. dergestalt, dass zwei Stimmen zugleich steigen oder fallen, wie bei [Notenbeispiel] Fig. 1, und dieser Fortschritt der Töne wird die gerade Bewegung, lateinisch Motus rectus, genannt;
    Bewegung (Koch 1802)

    gerade Bewegung

  2. so, dass, wenn eine Stimme steigt, die andere fällt, wie bei Fig. 2. Diese Fortschreitung nennt man die Gegenbewegung, lateinisch motus contrarius;
    Bewegung (Koch 1802)

    Gegenbewegung

  3. so, dass eine Stimme auf ihrer Stufe verweilt, indem sich die andere auf- oder abwärts bewegt, wie bei Fig. 3. Diese Art der Bewegung pflegt man die Seitenbewegung, lateinisch motus obliquus, zu nennen.
    Bewegung (Koch 1802)

    Seitenbewegung

[Koch Musikalisches Lexikon 1802, 241f]