Bebung, Tremolo (1865)
Bebung, Tremolo.
- Eine Vortrags- oder Spielmanier, deren man auf Bogen- und einigen Blasinstrumenten sowie im Gesang sich bedient; auch auf den alten Clavichorden mit Tangenten ließ sie sich gut herausbringen. Möglich ist sie nur an Instrumenten, deren Ton eine Zeit lang fortklingend erhalten werden kann, und besteht in einer Modifikation der eigentlichen genauen Tonhöhe durch eine wechselweise auf- und abwärts neigende Schwebung, also in einer abwechselnden fast unmerklichen Vertiefung und Erhöhung des Tons. Auf Streichinstrumenten wird sie durch ein schnelles Hin- und Herwiegen des Fingers auf dem durch ihn bestimmten Grenzpunkte der Saite, am Clavichord durch eine ähnliche Bewegung des Fingers auf der Taste, wodurch die Tangente etwas an der Saite reibt, hervorgebracht. Auf manchen Blasinstrumenten, z. B. Oboe und Flöte, ist die Bebung nicht nur sehr gut ausführbar, sondern auch von sehr guter Wirkung, daher die in einer neueren Abhandlung über den Klang(1) aufgestellte entgegengesetzte Behauptung auf einem Irrtum beruht und mindestens darauf zu reduzieren ist, dass man auf Blasinstrumenten nur noch einen gegen früher eingeschränkten Gebrauch von der Bebung zu machen pflegt. Auf den Flageolettönen der Saiteninstrumente ist sie allerdings nicht ausführbar.
- Auch die Tremulanten in der Orgel kann man zu den Bebungen zählen, wenngleich hier nicht der Finger des Spielers die Klangbewegung hervorruft, mithin der dadurch bewirkte Ausdruck auch für den einzelnen Ton nicht in der Gewalt des Spielers liegt, sondern nur im Großen und Ganzen durch einen mechanischen Zug hergestellt werden kann. Außerdem beruht die Bebung der Orgeltremulanten nicht auf abwechselnder Erhöhung und Vertiefung des Tones, sondern auf einem stoßartigen Intermittieren des Luftstromes (siehe Tremulant). Den Namen Bebung insbesondere führt ein sanfter, nur für zartere Stimmen dienender Orgeltremulant, der keine Stöße, sondern nur ein weiches wellenartiges Schwingen oder Schweben des Klanges bewirkt.
Mit Geschmack am gehörigen Orte verwendet, kann die Bebung im Gesange und Spiel auf Streich- und Blasinstrumenten von einer gewissen rührenden und ausdrucksvollen Wirkung sein; übertrieben und zur Manier geworden, ist sie unleidlich, wie bei manchen Sängern, die den Ton nicht festhalten können oder ein fortwährendes Tremulando für eine Schönheit ansehen, mehr wiehern als singen, ebenso bei manchen Geigern, die in einem fortwährenden Beben und Wimmern dahinzuschmelzen drohen.
Übrigens ist ein Zeichen für diese Vortragsmanier nicht eingeführt; bei manchen Tonsetzern soll jedoch zuweilen eine solche Anzahl Punkte über den Noten, als die Bebung Schläge machen soll, sich vorfinden.
1 Chrysanders Jahrb. f. musikal. Wissensch., Abhandl. I (von M. Hauptmann),
S. 22. "Ein bebender Blaston ist so unmöglich wie ein bebender Flageoletton,
und in diesem Sinne geht eben den Blasinstrumenten ein Ausdrucksmittel ab,
das die Saiteninstrumente, Violin, Viola und Violoncell, allein mit der Singstimme gemein haben".